Zum Hintergrund

Im Weltbericht Gewalt und Gesundheit (2003) beschreibt die WHO unterschiedlichste Formen von Gewalt als das am weltweit größte Gesundheitsrisiko. Bereits seit dem Inkrafttreten der Novellierung des NÖ Krankenanstaltengesetzes 2012 sind die NÖ Landes- und Universitätskliniken verpflichtet, eine Opferschutz- bzw. Kinderschutzgruppe zu etablieren. Diese Maßnahmen wurden durch das Inkrafttreten der sogenannten Istanbul-Konvention am 1. August 2014 nochmal seitens der Bundesregierung untermauert. Dieses „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ gilt als das derzeit wichtigste Rechtsinstrument gegen Gewalt an Frauen in Europa - sie schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. 2016 wurde Österreich gemeinsam mit Monaco als erstes Land vom GREVIO-Komitee (Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence) evaluiert. Im Fokus standen Maßnahmen zur Implementierung und tatsächlichen Umsetzung der Istanbul-Konvention. Besonders im Bereich des Gesundheitswesens wurden hier Defizite aufgezeigt, was insofern als schwerwiegend für Betroffene zu werten ist, da insbesondere das Gesundheitswesen einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung und Frühintervention leisten kann und eine wichtige Schnittstelle zu externen Beratungsstellen und der Exekutive darstellt. 

In erster Linie sind Frauen von Gewalt betroffen (in etwa 85%-90%), davon nehmen rund 75% unter anderem in den Bereichen der (Unfall)Chirurgie, Gynäkologie, Psychosomatik, Psychiatrie und bei niedergelassenen Ärzt:innen medizinische Hilfe in Anspruch, weil sie körperliche Verletzungen haben und/oder die psychischen (Langzeit-)Folgen der erlebten Gewalt nicht mehr bewältigen können. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass Mitarbeiter:innen des gesamten Gesundheitswesens häufig die ersten Professionist:innen sind, die bei der Erkennung von Gewalt, der Organisation von Hilfestellung und der Prävention weiterer Gewalt eine zentrale Rolle spielen. 

Durch die Etablierung der Kinder- und Opferschutzgruppen in den NÖ Landes- und Universitätskliniken sollen einerseits die Mitarbeiter:innen Unterstützung bei der Umsetzung dieser Aufgabe bekommen. Andererseits soll auch den Opfern von - meist häuslicher - Gewalt besondere Hilfe und Unterstützung in ihrer Situation angeboten werden. 
Die Opferschutzgruppen widmen sich dabei neben der speziellen medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Behandlung und Versorgung von Gewaltopfern auch der besonderen psychischen Situation. Im Spital beginnt bereits die Koordination und Zusammenarbeit mit externen - also nicht im Krankenhaus verorteten - Beratungs- und Unterstützungsstellen. Aufgabe der Opferschutzgruppe ist es,  die Berufsgruppen zu sensibilisieren, die betreuenden Mitarbeiter:innen zu beraten, , Informationsmaterial bereitzustellen, interne Handlungsabläufe zu gestalten und in internen Schulungen die Kolleg:innen darüber zu informieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vernetzung mit externen Diensten. So nehmen auch Vertreter:innen der Opferschutzgruppe an den regelmäßigen regionalen Gewaltschutztreffen mit Polizei, Gewaltschutzzentrum, Beratungsstellen, Bezirksgericht, Frauenhaus, etc. teil.